Licht ins Dunkel bringen – Aufarbeitung und Rehabilitierung der Opfer des § 175!
Vor 20 Jahren beschloss der Bundestag, den § 175 StGB, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte, aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.2002 beschloss der Bundestag gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP eine Ergänzung zum Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege. Damit wurden Verurteilungen gemäß des §175 aus der Zeit des Nationalsozialismus für nichtig erklärt. Obwohl die Rechtsgrundlage bis 1969 die gleiche war und der Paragraph bis 1994 existierte, wurden die nach §175 StGB nach 1945 Verurteilten bisher nie rehabilitiert.
Simon Andris, Sprecher der GRÜNEN JUGEND München, erklärt hierzu:
„Es ist beschämend genug, dass erst vor 20 Jahren, 1994, mit Ablauf der Frist für die Rechtsangleichung im Zuge der Wiedervereinigung, der Bundestag den Paragrafen wegfallen ließ, weil der Osten Deutschlands für homo-, trans- und bisexuelle Handlungen keine Strafvorschriften vorsah. Selbst nach dem „Wegfall“ des aus der Zeit des Nationalsozialismus verschärften Strafgesetzbuch-Paragraphen 175 sind die nach 1945 auf dieser Rechtsgrundlage gesprochenen Urteile nie aufgehoben worden. Statt weiterhin zuzusehen, wie die Opfer des § 175 mit den diskriminierenden Verurteilungen und der daraus resultierenden psychischen Belastung Leben müssen, ist die Politik in der Pflicht zu handeln. Wir fordern den bayerischen Justizminister Bausback auf, sich ernsthaft um Aufarbeitung zu kümmern und sich für die Rehabilitierung der Opfer des ehemaligen §175 StGB im Bundesrat einzusetzen!“
Mariella Kessler, Beisitzerin der GRÜNEN JUGEND München, ergänzt:
„2000 wurde vom Bundestag und vom Bundesrat mit großer Mehrheit die EU-Grundrechtecharta gebilligt, die ein Verbot der Benachteiligung aufgrund der sexuellen Ausrichtung enthält. Warum soll dies im deutschen Grundgesetz also nicht möglich sein? Damit auch national ein Paragraph wie der Paragraph 175 Strafgesetzbuch nie wieder existieren kann und die Diskriminierung gegenüber Homo-, Trans-, Bi- und Intersexuellen endlich überwunden, wird fordern wir eine Erweiterung des Gleichheitsartikel 3 Grundgesetz um die ‚sexuelle Identität’. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von 2006 verpflichtet der Staat die Bürger*innen, in einem gewissen Rahmen, niemanden aufgrund der sexuellen Identität zu diskriminieren. Sich selbst hat er diese Verpflichtung noch nicht auferlegt. Dieser Widerspruch muss beseitigt werden. Der Staat darf sich kein Recht auf Diskriminierung reservieren.“
Fotos: Sebastian Grapentin (Queerrelations.net)
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