4. Oktober 2022

No Cops at Pride – Queere Befreiung verteidigen



Antragstext

Die Mitgliederversammlung möge beschließen:

Seit vielen Jahren ist der Christopher Street Day in München eine feste Größe um queeres Leben zu feiern und gleiche Rechte einzufordern. Wir machen dabei darauf aufmerksam, dass queere Menschen noch immer Diskriminierung ausgesetzt sind, und unsere Gesellschaft weit von Gleichberechtigung entfernt ist.

Im Zuge der Pride Weeks 2022 fand neben der Pride Parade und zahlreichen anderen Veranstaltungen auch wieder das Straßenfest in der Innenstadt statt, bei dem verschiedene Gruppen mit Infoständen und anderen Angeboten präsent waren.

Zum ersten Mal bei diesem Straßenfest mit einem Stand vertreten war die Polizei München, sowie die Bundespolizei. Mit zwei Infoständen und interaktiven Angeboten und der Anwesenheit einiger weniger sympathischer Beamt*innen wird versucht, der Polizei ein queerfreundliches Image zu geben, und sie als Ally (Verbündeter) zu inszenieren.

Als Grüne Jugend München lehnen wir die Anwesenheit der Polizei auf dem CSD konsequent ab.

Die Geschichte des CSD und der queeren Befreiung ist eine Geschichte von Polizeigewalt und Unterdrückung, und der Kämpfe dagegen: Die Ursprünge des CSD reichen zurück bis 1969, in die Bar Stonewall Inn in New York. Damals führte die Polizei regelmäßig gewalttätige Razzien in Szenelokalen durch, in der Folge wurden Anwesende in der Presse geoutet, teilweise wurde Anklage gegen sie erhoben. Die Polizei war damals ausführendes Organ der gesellschaftlichen Ressentiments gegen die queere Community.

Als im Stonewall Inn am 28. Juni 1969 eine Razzia durchgeführt wurde, entlud sich der seit Jahren aufgestaute Zorn der Community. Angeführt von trans Frauen und BIPoCs wehrten sich die Gäste des Stonewall Inn gegen die Gewalt der Polizei. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen, die mehrere Tage anhielten. Aus diesen Aufständen entstand was wir heute als queere Befreiungsbewegung kennen, Gedenkmärsche dieser Ereignisse wurden die ersten CSDs.

In der Bundesrepublik wurden nach §175 Tausende Männer wegen gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen juristisch verfolgt und verurteilt. Möglich war das auch, da die Polizei detaillierte Karteien pflegt, und fragwürdige Überwachungsmethoden einsetzte.

1980 kam es in Hamburg zu gewaltsamen Übergriffen der Polizei auf ein Picknick, das nach dem ersten CSD der Stadt veranstaltet wurde. Beamt*innen setzten dabei Tränengas und Schlagstöcke ein.

Und auch heute, 50 Jahre nach Stonewall, steht die Polizei weiterhin auf der Seite der Unterdrückenden: Abschiebungen queerer Geflüchteter in Folter und Tod, Demütigung von queeren Personen durch Beamt*innen, das massiv sexistische und patriarchale System, in dem die Polizei arbeitet und nach dem sie aufgebaut ist. Wer Übergriffe oder Anfeindungen erlebt hat, hat nicht selten Hemmungen, Anzeige zu erstatten, aus Angst vor weiterer Stigmatisierung und Herabwürdigung. Bei Einsätzen, z. B. bei Protesten der Klimabewegung agiert die Polizei nach wie vor im überholten Schema zweier Geschlechter, und diskriminiert so aktiv Aktivist*innen aufgrund ihrer sexuellen Identität. Hieran sehen wir deutlich, dass die Polizei für Queers keine Freundin und keine Helferin sein kann Es können noch so viele Regenbogenfahnen an Streifenwägen baumeln, sobald der CSD vorbei ist, geht die Polizei zur Tagesordnung über, die unterdrückenden Zustände unserer Gesellschaft zu verteidigen.

Daher wehren wir uns als queerfeministischer Verband gegen die Versuche der Polizei, beim CSD eine Fassade des Ally-Seins aufzubauen. Durch die vermeintlich wohlwollende und unterstützende Präsenz beim CSD soll vorgetäuscht werden, die Polizei stünde auf unserer Seite. Historisch tat sie das jedoch nie, und auch heute fühlen sich viele queere menschen durch die Anwesenheit der Polizei eher unsicherer als geschützt.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass im nächsten Jahr der Polizei kein Raum beim CSD zugestanden wird. Dazu wollen wir aktiv mit Bündnispartner*innen im Vorfeld Aufklärungsarbeit zu diesem Thema leisten, aber auch auf Veranstalter*innen des CSD einwirken. Wir wollen erreichen, dass der CSD in München wieder ein safer space wird, in dem sich alle Queers sicher fühlen können.



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