16. Mai 2011

AK Frieden und Globales veranstaltet Themenabend zu Flüchtlingspolitik



In Hinblick auf die Revolution in Nordafrika hat die Grüne Jugend München einen Themenabend zur Flüchtlingspolitik veranstaltet, da sich auch bayerische PolitikerInnen in den letzten Wochen und Monaten zu rassistisch angehauchten Wendungen hinreißen ließen. Wörter wie „Flüchtlingswelle“ geistern durch die Medien.

Wir vom AK Frieden und Globales wollten uns selber ein Bild schaffen, mit Hilfe von Menschen, die direkt von den Gesetzen betroffen sind und am besten nachvollziehen können wie es in Deutschland tatsächlich aussieht für Menschen, die gezwungen waren ihr Geburtsland zu verlassen.

Geladen zur Diskussion waren Lukas von der Karawane München und der aus Sierra Leone stammende Prat.

Die Karawane ist eine Organisation von Deutschen und Migrantinnen und Migranten, die mit Kundgebungen, Demonstrationen und Aktionen großartige Arbeit für die Rechte von Flüchtlingen, Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft und Menschenwürde leisten.

Im Mittelpunkt des Abend stand Prats sehr bewegender, englischer Bericht seiner Jahre in Deutschland.
Prat ist in Sierra Leone geboren. Er floh nachdem er, neben anderen schrecklichen Dingen, mit eigenen Augen mitansehen musste, wie sein Vater erschossen wurde.
Mit 22 Jahren kam er im Flugzeug nach Trier, wobei er bei der Ankunft nicht wusste, in welchen Land, geschweige denn in welcher Stadt er war.
Allein und ohne Sprachkenntnisse in dieser hilflosen Situation wendet er sich an einen Fremden, der ihn zur Einwanderungsbehörde bringt. Dort wird er in das Auffanglager in München verwiesen ohne mit einem einzigen Wort über seine Rechte, Pflichten, das weitere juristische Vorgehen aufgeklärt zu werden.
In München angekommen, beginnt eine jahrelang Odyssee durch mehrere Lager, die alle nach Prats Aussagen zum Teil katastrophale Zustände aufweisen, während er nie von einer Abschiebung in das Land aus dem er traumatisiert geflüchtet ist, sicher war.

Hier nur ein paar der Punkte, die angesprochen wurden:

Vier Toiletten für hundert Menschen, zu wenige Duschen und weit unterdimensionierte Küchen zwingen die AsylbewerberInnen zum sehr frühen Aufstehen um sanitäre Einrichtungen nutzen zu können, da sich lange Schlangen bilden.
Essenspakete, deren Inhalt sich in den all den Jahren, die er in Lagern verbracht hat, nie geändert hat und die bei Prat, der so eine einseitige Ernährung nicht gewöhnt ist, starke Hautprobleme auslösten.
Vierzig Euro monatliches „Taschengeld“ was selbst im Vergleich zum Hartz IV Satz, der von vielen PolitikerInnen als zu niedrig angesehen wird, lächerlich gering ist und kein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, da zusätzlich Arbeiten durch diverse rassistische Gesetze für die LagerbewohnerInnen sehr erschwert wird.
Die Residenzpflicht, die bewirkt, dass die LagerbewohnerInnen ihren Bezirk nicht ohne eine zehn Euro (ein Viertel des Monatseinkommens) teure Genehmigung verlassen dürfen, was die politische Arbeit mit der Karawane extrem erschwert, und vor allem das Grundrecht der Freizügigkeit, das angeblich für alle Bewohner gelten soll, missachtet.
Auch von Missständen bei der medizinischen Versorgung war Prat betroffen, als ihm bei akuten Zahnschmerzen gegen seinen Willen der betroffene Zahn gezogen wurde, anstatt die Symptome zu behandeln.
Neben den unzähligen anderen Fehlern der deutschen Flüchtlingspolitik, die mich persönlich alle sehr wütend machten, war Prat der Fakt am wichtigsten, dass die AsylbewerberInnen bei Bildung und Ausbildung und selbst beim Lernen der deutschen Sprache in keiner Weise unterstützt werden. Ihnen wird so eine langfristige Perspektive auf dem deutschen Arbeitsmarkt verwährt.
So auch bei Prat, der zwar inzwischen eine Aufenthaltsgenehmigung hat, aber immernoch im Lager leben muss, da ihm das Geld für eine Wohnung fehlt und er keinen Job findet, da er kein gutes Deutsch spricht.

Nach der Diskussion bleibt bei den MitgliederInnen der GJM Unverständnis für den unmenschlichen Umgang mit AsylbewerberInnen, die für die deutsche Regierung scheinbar weniger wert sind, als deutsche StaatsbürgerInnen, sowie die Entscheidung weiter die Karawane München zu unterstützen und selber aktiv zu helfen die Lage von Flüchtlingen in Deutschland zu verbessern.

Wir danken der Karawane München und Prat sehr herzlich für ihr Kommen.

Björn für den AK Frieden und Globales

Informationen zur Karawane: httpss://carava.net/
Informationen zum Asylbewerberleistungsgesetz: httpss://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/index.html



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